Abstract: To cope with the covid-19 pandemic, people not only relied on state measures and scientific knowledge, but also drew on the resources of religion. They may also have embraced conspiracy theories that sometimes led them to engage in protest behavior. Against this background, we address the following research question: “How are people's religiosity and spirituality related to their belief in covid-19 conspiracy theories in Germany?” We answer this question by conducting a theory-led empirical analysis. We apply quantitative methods based on primary data from a (non-representative) online survey that we carried out with 2,373 respondents in Germany between July 2020 and January 2021. The results show that belief in covid-19 conspiracy theories is positively correlated with the image of a punitive God, with exclusivist beliefs, and with private prayer—and negatively correlated with attendance at religious services. Moreover, Catholics, Protestants, Muslims, and Jews have a lower affinity for conspiracy theories than not religiously affiliated people, while the opposite is true for Evangelicals.
Abstract: Eine Vielzahl von Institutionen und Initiativen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sammelt, erforscht und vermittelt jüdische Geschichte und Kultur. Dazu gehören Museen, Bibliotheken und Archive, Gedenkstätten, Vereine, Kommissionen, Universitätsinstitute und private Initiativen; es gibt Projekte zur Erforschung jüdischer Friedhöfe ebenso wie genealogische Gesellschaften. Sie sind lokal, regional sowie überregional tätig und werden durch staatliche Förderung oder privates Engagement getragen.
Das Buch bietet erstmals eine aktuelle Bestandsaufnahme dieser Institutionen und Initiativen, die mitunter auf eine lange Tradition zurückblicken können, insbesondere in den letzten drei Jahrzehnten aber an Zahl zugenommen und Bedeutung gewonnen haben. In diesem übersichtlichen Nachschlagewerk beschreiben die einzelnen Institutionen ihre Entstehung, Entwicklung und Aufgaben. Genaue Angaben zu den Archiv- und Sammlungsbeständen ermöglichen Interessierten einen Zugang zu schriftlichen, bildlichen und materiellen Überlieferungen zur jüdischen Geschichte und Kultur im deutschsprachigen Raum.
Abstract: Im vorliegenden Studienbericht werden die zentralen Befunde aus einer in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2021–2023 durchgeführten Studie zu Antisemitismus im institutionellen Kontext Schule vorgestellt und diskutiert. Die Studie ist Teil einer Bundesländerstudienreihe, die seit 2017 am Forschungsbereich des Kompetenzzentrums für Antisemitismuskritische Bildung und Forschung durchgeführt wird – seit 2021 in einer institutionalisierten Forschungskooperation mit der Fachhochschule Potsdam.
Im Rahmen der Studienreihe wurden neben der Studie in Sachsen-Anhalt regionale Studien in Berlin, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen umgesetzt.
In einer bundesweiten Familienstudie wurden zudem Erfahrungen mit Antisemitismus an Schulen aus den Perspektiven jüdischer Jugendlicher und jüdischer Familien untersucht. Diese Befunde fließen in die Bundesländerstudienreihe mit ein und bilden die Grundlage für die Analyse jüdischer Erfahrungen im Kontext der Institution Schule. Das Erkenntnisinteresse der Bundesländerstudien betrifft in erster Linie die Wahrnehmungen, Deutungen und Praktiken im Umgang mit Antisemitismus in der Institution Schule aus den Perspektiven von (ehemaligen) jüdischen Schüler*innen, Lehrkräften und weiteren schulischen Fachkräften. Die vertiefenden Untersuchungen in einzelnen Bundesländern als Teil der Bundesländerstudienreihe sollen zudem
die Berücksichtigung regionaler gesellschaftlicher, bildungspolitischer und historischer Spezifika im Umgang mit Antisemitismus sowie langfristig einen Vergleich zwischen den Bundesländern ermöglichen.
In diesem Bericht gehen wir zunächst auf den Hintergrund der Studie in Sachsen-Anhalt ein, skizzieren exemplarisch den Forschungsstand, ordnen den methodologischen Zugang zu Antisemitismus als Diskriminierungs- und Gewaltform im institutionellen Kontext Schule ein, erläutern das Forschungsdesign und diskutieren schließlich die Befunde und Reflexionsempfehlungen. Zu beachten ist, dass die Daten vor dem antisemitischen Massaker durch islamistische Terrorgruppen in Israel im Oktober 2023 und dem darauffolgenden Anstieg des offenen Antisemitismus in Deutschland erhoben wurden. Dieser Bericht gibt somit vertiefte Einblicke in den Umgang mit Antisemitismus im Schulalltag in Sachsen-Anhalt aus jüdischen und nichtjüdischen Perspektiven vor dem Terror des 7. Oktobers. Studienteilnehmende einer anderen Studie (vgl. Chernivsky / Lorenz-Sinai 2024 b) zu den Auswirkungen des 7. Oktobers auf jüdische und israelische Communities beschreiben die Folgen des Terrorangriffs als weitreichende »Zäsur«. Jüdische Eltern schildern ihre Sorgen, dass die Bekanntgabe der jüdischen Identität ihrer Kinder im Kontext Schule gegen sie genutzt werden könnte. Insofern sind die Befunde aus der in den Jahren 2021–2023 in Sachsen-Anhalt durchgeführten Studie nicht veraltet, sondern bilden jüdische Alltagserfahrungen und Lehrer*innenperspektiven auf Antisemitismus ab. Zugleich kann auch in Sachsen-Anhalt seit dem 7. Oktober 2023 von einer Veränderung des Sicherheitsgefühls jüdischer Familien und Lehrkräfte im Raum Schule ausgegangen werden sowie von einer Zunahme antisemitischer Übergriffe.
Abstract: In this chapter I intend to present what happens when contemporary Western activist and academic anti-Zionism falls on the fertile soil of a country which is, firstly, semi-peripheral and, secondly, burdened with a history of antisemitism that is as intense as it is specific. Its specificity entails three postwar waves of Jewish emigration caused by antisemitic violence, primarily to Israel. The first two happened in 1946–9 and 1956–60, respectively. The third of these waves was triggered by what in Poland is generally referred to as ‘March’. The repression of student youth protesting against censorship intensified in March 1968, but the antisemitic campaign with which the state authorities cracked down on opposition within the party and on the streets lingered on for much longer. It was unleashed under the banner of ‘anti-Zionism’. I will first briefly outline the events of that period, since knowledge of them is essential to understanding the meanings with which the term ‘Zionism’ is imbued in Poland. Next I will outline the contemporary politics of remembrance of ‘March’ and, more broadly, the stakes of Polish historical politics, which are related to the collective manifestations of Poles’ attitudes towards Jews. These three phenomena – March 1968, the management of its memory and contemporary historical politics reproducing antisemitic clichés – form, so I would like to suggest, the first context against which the functioning of anti-Zionism in Poland today should be considered.
Abstract: Este ensayo pretende acercar al lector, desde una visión panorámica, a la ideología del antisemitismo, centrándose en el caso de la Alemania contemporánea y el antijudaísmo en general, comenzando, por ello, con una breve aproximación al fenómeno en sus etapas medieval y moderna. Después, el núcleo del trabajo pasa por una doble motivación: primero, un breve repaso a lo que hemos considerado “antisemitismo stricto sensu” que se da en la Alemania del último tercio del siglo xix y, segundo, una reflexión acerca de la permanencia del fenómeno en nuestros días y el propósito de
revertirlo, procurando extender la dignidad a toda la humanidad.
Abstract: Die Publikation entstand im Rahmen der Fachtagung „Aktuelle Erscheinungsformen und Herausforderungen des Antisemitismus“, die vom 29. – 30. September 2022 in Leipziger Neuen Rathaus stattfand.
Die Broschüre versammelt Beiträge, die von den Referent*innen zu den Inhalten ihrer Vorträge und Workshops verfasst wurden und diese kompakt wiedergeben. Neben einer theoretischen Auseinandersetzung mit dem Phänomen, werden in den Beiträgen verschiedene Formen des gegenwärtigen Judenhasses sowie rechtliche und präventive Handlungsmöglichkeiten im Kampf gegen Antisemitismus in den Blick genommen.
Mit Beiträgen von: Vicki Felthaus (Bürgermeisterin und Beigeordnete für Jugend, Schule und Demokratie der Stadt Leipzig), Rabbinerin Esther Jonas-Märtin, Henry Lewkowitz (Erich-Zeigner-Haus e.V.), Prof. Dr. Stephan Grigat (Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien [CARS]), Dr. Olaf Glöckner (Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien e.V.), Benjamin Männel, Dr. des. Ulrike Becker & Michael Spaney (Mideast Freedom Forum Berlin e.V.), Dr. Olaf Kistenmacher (Villigster Forschungsforum zu Nationalsozialismus, Rassismus und Antisemitismus e.V.), Marie Künne (Debunk. Amadeu Antonio Stiftung), Marina Chernivsky (OFEK e. V. | Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment), Susanne Feustel (Kulturbüro Sachsen e.V.) und Peter Lewkowitz.
Abstract: Significance
Commemoration initiatives seek to increase the public visibility of past atrocities and the fates of victims. This is counter to the objectives of revisionist actors to downplay or deny atrocities. Memorials for victims might complicate such attempts and reduce support for revisionist actors. The current research examines whether, on the level of local neighborhoods, exposure to memorials for victims of NS persecution can reduce support for a far-right, revisionist party. We find that, in Berlin, Germany, the placement of small, local “stumbling stones” commemorating victims and survivors of NS persecution, is associated with a substantial decrease in the local far-right vote share in the following election. Our study suggests that local, victim-focused memorials can reduce far-right support.
Abstract
Does public remembrance of past atrocities lead to decreased support for far-right parties today? Initiatives commemorating past atrocities aim to make visible the victims and crimes committed against them. This runs counter to revisionist actors who attempt to downplay or deny atrocities and victims. Memorials for victims might complicate such attempts and reduce support for revisionist actors. Yet, little empirical evidence exists on whether that happens. In this study, we examine whether exposure to local memorials that commemorate victims of atrocities reduces support for a revisionist far-right party. Our empirical case is the Stolpersteine (“stumbling stones”) memorial in Berlin, Germany. It commemorates victims and survivors of Nazi persecution in front of their last freely chosen place of residence. We employ time-series cross-sectional analyses and a discontinuity design using a panel dataset that matches the location and date of placement of new Stolpersteine with the election results from seven elections (2013 to 2021) at the level of polling station areas. We find that, on average, the presence of Stolpersteine is associated with a 0.96%-point decrease in the far-right vote share in the following election. Our study suggests that local memorials that make past atrocities visible have implications for political behavior in the present.
Topics: Antisemitism, Main Topic: Antisemitism, Law, Policy, European Union, Antisemitism: Education against, Holocaust Commemoration, Holocaust Education, Hate crime, Jewish Heritage, Jewish Culture
Topics: Antisemitism, Main Topic: Antisemitism, Law, Policy, European Union, Antisemitism: Education against, Holocaust Commemoration, Holocaust Education, Hate crime, Jewish Heritage, Jewish Culture
Abstract: W 2022 roku na zlecenie Muzeum Historii Żydów Polskich POLIN przeprowadzono trzyetapowy projekt badawczy. Jego celem było stworzenie mapy najważniejszych kodów kulturowych kształtujących obrazy Żydów we współczesnej kulturze polskiej, a także analiza związanych z nimi zagrożeń.
Raport "Kogo widzą Polacy, kiedy widzą Żyda?" podsumowuje prace badawcze. Wyniki wskazują, że antysemityzm, zwłaszcza ten nieuświadomiony, jest żywo obecny w naszej zbiorowej wyobraźni. Co więcej, jest nie tylko narzędziem dyskryminacji konkretnej grupy mniejszościowej, ale jest też powielanym schematem dyskryminacji różnych mniejszości.
Wiedzę wyniesioną z badań Muzeum POLIN wykorzystuje w programie edukacyjnym, skierowanym do decydentów i multiplikatorów: parlamentarzystów i polityków samorządowych, policji i innych służb porządku publicznego, przedstawicieli środowisk prawniczych oraz mediów i edukatorów.
Abstract: Die auf den folgenden Seiten präsentierten Daten sind verschiedenen Ursprungs. Ein Teil der gemel- deten Vorfälle entstammt dem Monitoring der Fachstelle Antisemitismus, deren Mitarbeiter:innen seit Juni 2022 antisemitische Vorfälle aufnehmen, sichern und auswerten. Diese können per Telefon, E-Mail oder in Form einer persönlichen Beratung übermittelt werden, in Kürze wird zudem ein onlinegestütztes Meldeformular über die Homepage der Fachstelle Antise- mitismus www.kiga-brandenburg.org erreichbar sein. Weitere Angaben zu antisemitischen Vorfällen wurden der Presseberichterstattung entnommen. Ein beträchtlicher Teil der Fallzahlen stammt aus den Daten zu antisemitischen Straftaten des Landes- kriminalamts Brandenburg (LKA), die sich in den Sta- tistiken zur sogenannten „politisch motivierten Kri- minalität“ (PMK-Statistik) finden lassen und der Fachstelle Antisemitismus zur Verfügung gestellt wurden. Zusätzlich gehen einzelne Fälle in den Bericht ein, die uns von zivilgesellschaftlichen Partnern übermittelt wurden – etwa den Mobilen Beratungsteams oder der Opferperspektive e. V. Mit Hilfe dieser vertrauensvollen und auf Dauer angelegten Zusammenarbeit vor Ort, sowohl mit den zuständigen Strukturen der Landespolitik, den Sicherheitsbehörden, der Brandenburger Justiz als auch der aktiven Zivilgesellschaft, sollen niedrigschwellige Meldewege für antisemitische Vorfälle sowie ein grundsätzliches Vertrauen in ebendiese Strukturen etabliert werden. Aufbereitung und Präsentation der Daten des vorlie- genden Monitoring-Berichts – Kategorien, Phänomenbereiche, Begrifflichkeiten – orientieren sich bewusst an der bundesweiten Erfassung antisemitischer Vorfälle sowie den Publikationen einzelner Bundesländer (z. B. RIAS e. V.). Diese Vorgehensweise soll ein gewisses Maß an Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit ermöglichen, um spezifische Entwicklungen auch über die Landesgrenzen hinweg erkennen zu können. Ausdrücklich zu erwähnen ist, dass die gängige Praxis der Zuweisung einzelner Vorfälle zu einem vorab definierten Kategoriensystem die Sachlage nur unzureichend wiedergibt. Diese Kategorisierung kann unter anderem dazu führen, dass komplexe antisemitische Vorfälle schnell auf einzelne Elemente oder Spezifika reduziert werden, was der Komplexität derartiger Geschehnisse häufig nicht gerecht wird. Des Weiteren kann die Rezeption der präsentierten Daten – ohne Berücksichtigung der begleitenden Kontextualisierung oder einer weiterführenden Beratung – zu voreiligen Schlüssen und Fehlinterpretationen führen. Bei der Rezeption dieses Berichts muss diese Problematik also stets mitgelesen werden. Grundlage der täglichen Arbeit sowie des vorlie- genden Monitoring-Berichts der Fachstelle Antise- mitismus Brandenburg ist die Antisemitismus- Definition der International Holocaust Remem- brance Alliance (IHRA).
Abstract: Angesichts globaler und regionaler Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte steht die Gesellschaft vor erheblichen Herausforderungen wie politischer Instabilität, verschärften Konflikten, Migration, Rassismus, Diskriminierung sowie der Verbreitung von Fake News und Verschwörungserzählungen. Dabei gewinnen Extremismus, Antisemitismus, islamistische Radikalisierung und Rassismus an Bedeutung. In der Phase intensiver Persönlichkeitsentwicklung sind junge Menschen, geprägt von Unsicherheit, besonders anfällig für extremistische Überzeugungen und Handlungen. Der Drang, die eigene Identität zu formen, kombiniert mit der Suche nach einem Sinn im Leben, macht sie besonders empfänglich für Einflüsse aus ihrer sozialen Umgebung. Fehlender Zugang zu staatlichen, zivilgesellschaftlichen und familiären Unterstützungsmaßnahmen erhöht das Risiko einer Radikalisierungsspirale. Diese wird durch die Verbreitung radikaler Versprechungen über Soziale Medien und gezielte Rekrutierung in der sozialen Umgebung begünstigt. Insbesondere die Bedürfnisse und Emotionen junger Menschen werden dabei zum Ziel extremistischer Propaganda. Die Ergebnisse der Studie „IU-Kompass Extremismus“ zu antisemitischen Einstellungen bei jungen Menschen in Deutschland verdeutlichen weitverbreitete Ausprägungen dieses Phänomens. Es gilt, das Bewusstsein für menschenverachtende Ideologien zu schärfen und Jugendliche mit den nötigen Werkzeugen auszustatten, um diese Phänomene zu erkennen, zu benennen und aktiv dagegen vorzugehen.
Abstract: Aktuell wird in Deutschland vermehrt über die Verbreitung von antisemitischen Vorurteilen sowie die Entwicklung der Anzahl registrierter Straftaten und Gewaltvorfälle mit antisemitischem Hintergrund diskutiert. Die Daten des Hellfelds der polizeilich registrierten, politisch motivierten Kriminalität (PMK) verweisen insofern auf Anstiege registrierter, antisemitisch motivierter Straftaten. Opferberatungsstellen berichten gleichfalls über Zunahmen der Meldungen betroffener Opfer. Seitens des zuständigen Bundesinnenministeriums wird insoweit auch der Antisemitismus bei in Deutschland lebenden Menschen mit muslimischer Religionszugehörigkeit besonders in den Blick genommen. Differenzierte Analysen, die über das registrierte Hellfeld hinaus die Frage einer besonderen Belastung von Migrant:innen oder Muslim:innen mit Blick auf die Verbreitung entsprechender Einstellungen untersucht haben, sind bislang allerdings nur begrenzt verfügbar. Die Klärung dieser Frage erscheint sowohl für die Konzeption zielgerichtete Formen der Prävention als auch für die Gestaltung politisch-rechtlicher Interventionen zur Reduzierung von Antisemitismus in Deutschland relevant. Im folgenden Artikel wird auf Grundlage der Daten einer im Jahr 2022 durchgeführten bundesweit repräsentativen Befragung mit n=4 319 Personen untersucht, wie verbreitet unterschiedliche Formen antisemitischer Vorurteile in Deutschland sind. Der Umstand, dass diese Erhebung große Oversamples muslimischer Migrant:innen einerseits sowie nichtmuslimischer Migrant:innen anderseits enthält, wird genutzt, um auf einer breiten Datenbasis auch die Frage zu verfolgen, inwieweit migrationsspezifische Hintergründe für Antisemitismus erkennbar sind bzw. ob diesbezüglich religionsbezogene Besonderheiten mit Blick auf Menschen muslimischen Glaubens bestehen. Die Ergebnisse verweisen darauf, dass – auch nach statistischer Kontrolle der Effekte soziodemografischer Merkmalen sowie von Diskriminierungs- und Marginalisierungserfahrungen – unter in Deutschland lebenden Muslim:innen signifikant erhöhte Raten antisemitischer Einstellungen festzustellen sind. Es sind allerdings ganz erhebliche Binnendifferenzen zu beachten. Es sind vier gut unterscheidbare religiöse Orientierungsmuster bei Muslim:innen identifizierbar, für die sich im Hinblick auf das Ausmaß antisemitischer Einstellungen große Unterschiede zeigen. Implikationen dieser Befunde für die Politik sowie für die Praxis der Prävention von Antisemitismus werden erörtert.
Author(s): Ambos, Kai; Barskanmaz, Cengiz; Bönnemann, Maxim; Fischer-Lescano, Andreas; Goldmann, Matthias; Anna Katharina, Mangold; Markard, Nora; Michaels, Ralf; Montag, Jerzy; Steinbeis, Maximilian; Tabbara, Tarik; Wihl, Tim; Zechlin, Lothar
Abstract: Diese Stellungnahme wurde am 5. Dezember 2023 an die Fraktionsvorsitzenden, an die Mitglieder der Ausschüsse Inneres und Recht sowie an die Ausschussbüros der anderen beteiligten Ausschüsse des Bundestags versandt. Nachdem in der Presse über diese Stellungnahme berichtet wurde, haben wir uns entschieden, sie zu veröffentlichen.
Die Nationale Strategie der Bundesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben (NASAS) und ein Entschließungsantrag der Ampelkoalition im Bundestag sehen eine weitreichende rechtliche Implementation der sogenannten IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus als Regulierungsinstrument vor; Landtagsfraktionen planen offenbar ähnliches. Aus juristischer Sicht ist eine Implementierung der IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument aus folgenden Gründen problematisch, die unten ausgeführt werden:
Die IHRA-Arbeitsdefinition ist ausdrücklich als nicht rechtsverbindlicher Text von der IHRA verabschiedet worden und auch nicht wie ein solcher formuliert. Sie dient dem Monitoring. Sie zum faktisch bindenden Text zu machen, geht gegen ihre Rechtsnatur. Sie ist viel zu unpräzise, um Rechtssicherheit zu erzeugen oder Behördenpraxis zu etablieren. Zudem ist der Status der elf Anwendungsbeispiele, die nicht zur Definition gehören, aber oft mit hinzugezogen werden, völlig unklar.
Die Annahme der IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument würde teilweise weitreichende verfassungsrechtliche Verwerfungen erzeugen, die nicht überblickt werden können. Insbesondere ist eine darauf gestützte Behördenpraxis ganz unvorhersehbar. Erfahrungen aus Kontexten, in denen die IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument diente, zeigen, dass sie für erhebliche Einschränkungen von Grundrechten genutzt wird – sehr häufig auch gegen Juden, die die Politik der jeweiligen Regierung Israels kritisieren.
Eine Annahme der IHRA-Arbeitsdefinition würde Verstöße gegen höherrangiges Recht, insbesondere das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention, nach sich ziehen oder zumindest wahrscheinlich machen. Das betrifft insbesondere das Recht der freien Meinungsäußerung und seine Anwendungen etwa im Versammlungsrecht und im politischen Strafrecht. Es betrifft auch die Kunstfreiheit, für die die IHRA-Arbeitsdefinition nicht passt, sowie die Freiheit von Forschung und Lehre.
Die IHRA-Arbeitsdefinition zur prinzipiellen Grundlage von Förderungsrichtlinien zu machen, ist rechtlich problematisch. Offensichtlich ist das für die Forschungsförderung. Denn die Definition des Antisemitismus ist selbst Gegenstand der Wissenschaft; ihr kann eine bestimmte Definition nicht vorgeschrieben werden. Aber auch bei der Kunstfreiheit fragt sich, ab wann die Kunst nicht mehr „frei“ ist (wie das Grundgesetz fordert), weil eine zu extensive Nutzung der IHRA-Arbeitsdefinition und eine Selbstzensur auch dort eingreifen, wo es die Bekämpfung von Antisemitismus nicht mehr erfordert. Schließlich kann die Meinungsfreiheit betroffen sein, wenn früher in anderem Kontext gemachte Aussagen in die Beurteilung der Förderwürdigkeit mit einbezogen werden.
Die IHRA-Definition ist für eine antidiskriminierungsrechtliche Bekämpfung von Antisemitismus nicht erforderlich; sie ist teilweise hinderlich für die wirksame Bekämpfung der Diskriminierung von Jüd:innen. Das Antidiskriminierungsrecht kennt keine vergleichbare staatliche Definition von Rassismus, Sexismus oder Homo- und Transphobie.
Im Aufenthalts- und Asylrecht würde die Implementierung der IHRA-Definition erhebliche Probleme schaffen und kann zu Konflikten mit der Genfer Flüchtlingskonvention führen, die enge Voraussetzungen stellt.
Diese kurze vorläufige Handreichung beschränkt sich auf diese juristischen Fragen; eine inhaltliche Bewertung der IHRA-Arbeitsdefinition nimmt sie nicht vor. Die notwendige ausführliche juristische Beurteilung einer Implementation scheint in Deutschland noch nicht vorgenommen worden zu sein. Anders ist das in der Schweiz, wo zwei Wissenschaftlerinnen im Auftrag der Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Eidgenössischen Departements des Innern 2020 eine ausführliche Juristische Analyse der von der IHRA angenommenen Arbeitsdefinition von Antisemitismus erstellt und mehrere Problempunkte identifiziert haben.
Abstract: Since the end of the USSR, post-Soviet Jewry has evolved into an ethnically and culturally diverse Russian speaking community. This process is taking place against the gradual inflation of a collective identity among Russian-speaking Jews that survived the first post-Soviet decade. The infrastructure for this new entity is provided by new local (or ethno-civic) groups of East European Ashkenazi Jewry with specific communal, subcultural, and ethno-political identities (“Ukrainian,” “Moldavian,” or “Russian” Jews, e.g.). These communities demonstrate a changing balance of identification between their countries of residence and the “transnational Russian-Jewish community”, and they absorb a significant number of persons of non-Jewish and ethnically heterogeneous origins as well.
This book discusses identity, community modes, migration dynamics, socioeconomic status, attitudes toward Israel, social and political environments, and other parameters framing these trends using the results of a comprehensive sociological study of the extended Jewish population conducted in 2019–2020 by this author in the five former-Soviet Union countries (Russia, Ukraine, Belarus, Moldova, and Kazakhstan).
Abstract: As elsewhere in eastern and southern Europe, many Jewish communities in Greece were almost completely destroyed during the Holocaust, which resulted in the near erasure of many distinctive religious and cultural practices. Among these erased communities were the Romaniote Jews, an Indigenous Judeo-Greek population distinct from the Sephardic Jews who arrived in Greece following the Spanish Inquisition. The cultural losses included their musical practices, which were largely orally transmitted. A few Romaniote leaders and practitioners continue the musical-liturgical traditions today in Greece, as well as in the United States and Israel. The living practice of this musical liturgy that is ever-changing in the typical manner of orally transmitted repertoires arguably embodies a process of remembering destruction. This process is shown by the imprint of gaps in memory caused by rupture embedded in the repertoire. While remembering destruction is an intrinsically Jewish practice, it is of specific importance to the Jews of Ioannina (a city that once was, and arguably still is, the spiritual center of Romaniote Jews) and their descendants. In the past decade, an annual pilgrimage to Ioannina to attend a Romaniote Yom Kippur service has become a pivotal experience for both Romaniote Jews and others, enabling them to remember and mourn the pre-Holocaust community. This annual pilgrimage, at the epicenter of Romaniote religious and social significance, generates a new Jewish collective based on Romaniote identity and history that includes the restoration of distinct musical practices.
Abstract: Over half a century after the Holocaust, in Eastern European countries where the Jewish community remained only a small part of the population, products of Jewish culture (or what is perceived as Jewish culture), including music, have become vital components of the popular public domain. In Poland, there are festivals and concerts of Jewish music, more and more records with this music, Jewish museums, and renovated Jewish districts, with Jewish cuisine, and music that are offered to tourists visiting Poland as the main attractions. They attract enthusiastic – and often non-Jewish – crowds. I consider how non-Jews involved in this movement in Poland perceive and implement Jewish culture, why they do it, how much it involves the recovery of Jewish heritage, and how this represents the musical culture of Jews in museums and at events organized for tourists. I also consider the relation of non-Jews as a majority group to Jews as a minority group, as well as the impact of the musical actions of the former on the musical culture of the latter. The article is based on field research and observations I have made during more than twenty years, both among the remaining Jews in Poland and in mixed or non-Jewish communities where music perceived as Jewish is promoted.
Abstract: Despite many cultural and theological similarities and frequent social interaction between both groups, a one-sided negative, unqualified and polarized image of the relations between Jews and Muslims prevails. This book aims to break through this negative image, which is continuously fed and reinforced by the Israeli-Palestinian conflict. Particularly in the Low Countries, where large groups of Jews and Muslims live as religious minorities.
On the one hand , Jews and Muslims at the Start outlines the contours of the various historical and geographical contexts within which Jewish-Islamic relations can be situated: from the violent confrontation between the Jews in and around Medina and the prophet Mohammed via the so-called 'Golden Ages' in Andalusia to the explosive situation in the Middle East today. On the other hand, it delves deeper into the complex interaction between Islam and Judaism, which is expressed, among other things, in the attitude of the Koran towards Jews. Finally, both the mutual influence of texts and traditions are examined, as well as parallels and differences in the practice of religious life and the position of women and the LGBTQIA+ community.
Abstract: In 2015, Spain passed a law that concedes Spanish citizenship extraterritorially to persons recognized as Sephardic Jews and descended from the Sephardic Jews expelled from Spanish kingdoms in the fifteenth century. This chapter explores the implications of this institutional effort to repair a historical injustice. Given Spain’s membership in the European Union, this granting of national citizenship implies by extension European citizenship as well. In addition to proving Sephardic ancestry, applicants need to demonstrate cultural ties to Spain. This cultural connection is inflected by the official notion of Hispanicness and its legal implications. However, the 2015 law omitted the expulsions of Muslims and Moriscos (converts to Christianity from Islam), which took place during a similar historical period. By doing so, the 2015 law established a three-pronged way of redefining certain collective identities as deserving, or undeserving, of Spanish/EU citizenship: by requiring proof of Sephardic origins; by requiring a recognized cultural connection to Spain; and by denying Muslim ancestry. This chapter argues that this law fits into a rewriting of Spanish and European identity, coding Europe in racialized terms. Multiple scales of inclusion/exclusion are at work in this law, ultimately through a process of de- and re-racialization of citizenship.