Von Jewporn, Baseballschlägern und Identitätskatern: Jüdisches Selbstverständnis bei Max Czollek und Dmitrij Kapitelman
Of Jewporn, baseball bats and identity hangovers: Jewish self-understanding in Max Czollek and Dmitrij Kapitelman
In den letzten Jahren bringt eine jüngere Generation von Künstler*innen neue Ansätze zu gegenwärtigem Judentum in Deutschland in den öffentlichen Diskurs ein. Einige von ihnen lehnen eine deutsche Erinnerungskultur ab, die Juden als Teil eines Opferdiskurses definiert. Sie fordern dagegen selbstbewusst das Recht ein, ihre eigene Identität selbst zu bestimmen. Dabei konzentrieren sie sich verstärkt auf die multikulturelle Seite jüdischen Lebens und vertreten oft einen säkularen Ansatz dazu. Eine kontroverse Stimme ist Max Czollek, dessen Polemik Desintegriert euch! (2018) Deutschlands vermeintliche Bewältigung der NS-Vergangenheit und sein selbsterklärtes Image als Nation einer kulturellen Vielfalt als „Integrationstheater“ bezeichnet.
Der Beitrag untersucht, inwieweit solche Positionen auch in literarischen Texten manifest werden. Denn vielfach schreiben jüdische Autor*innen in Deutschland aus einer migrantischen Perspektive. Ein Beispiel dafür ist der ukrainische Schriftsteller Dmitrij Kapitelman, der im Kindesalter als Kontingentflüchtling nach Deutschland einwanderte. Sein Buch Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters (2016) thematisiert seine zwischen gegensätzlichen kulturellen Einflüssen oszillierende Identität. Diese entspringt nicht nur den Gegensätzen zwischen seinem postsowjetischen sowie jüdischen Erbe und der Sozialisation in Deutschland. Sein fehlendes Zugehörigkeitsgefühl resultiert auch aus dem Hass gegen Minderheitenkulturen in der deutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung. In seinem Text offenbart Kapitelman gesellschaftspolitische Missstände im Umgang mit Migranten und Juden und schreibt damit gegen Fremdenfeindlichkeit und nationalistische Tendenzen an.
Der Beitrag untersucht, inwieweit solche Positionen auch in literarischen Texten manifest werden. Denn vielfach schreiben jüdische Autor*innen in Deutschland aus einer migrantischen Perspektive. Ein Beispiel dafür ist der ukrainische Schriftsteller Dmitrij Kapitelman, der im Kindesalter als Kontingentflüchtling nach Deutschland einwanderte. Sein Buch Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters (2016) thematisiert seine zwischen gegensätzlichen kulturellen Einflüssen oszillierende Identität. Diese entspringt nicht nur den Gegensätzen zwischen seinem postsowjetischen sowie jüdischen Erbe und der Sozialisation in Deutschland. Sein fehlendes Zugehörigkeitsgefühl resultiert auch aus dem Hass gegen Minderheitenkulturen in der deutschen Gesellschaft nach der Wiedervereinigung. In seinem Text offenbart Kapitelman gesellschaftspolitische Missstände im Umgang mit Migranten und Juden und schreibt damit gegen Fremdenfeindlichkeit und nationalistische Tendenzen an.
In recent years, works of younger artists bring new perspectives into the public discourse regarding the conception of what it means to be Jewish in contemporary Germany. They confidently claim the right to determine their own identity. Some of them refuse a German memory culture that defines Jews as part of a victim-discourse. They focus more on the multicultural side of Jewish life in Germany and often represent a secular approach to it.
A controversial voice is Max Czollek, whose polemic Desintegriert euch! (De-integrate!, 2018) defines Germanys overcoming of the nazi past and its self- declared image as a nation of cultural diversity as „Integrationstheater“ (theater of integration).
At the same time, Jewish authors in Germany write in many cases from a migrant perspective. Recent publications address the conflicts that arise from their diverse cultural roots.
One example is Ukrainian writer Dmitrij Kapitelman. His book Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters (2016) deals with the lack of a sense of belonging. It results not only from feeling torn between his postsoviet heritage and the influence that comes from growing up in Germany but from hatred against minority cultures in German society after the reunification. In doing so, he reveals sociopolitical grievances in the treatment of migrants and Jews. He thus writes against xenophobia and nationalistic tendencies.
A controversial voice is Max Czollek, whose polemic Desintegriert euch! (De-integrate!, 2018) defines Germanys overcoming of the nazi past and its self- declared image as a nation of cultural diversity as „Integrationstheater“ (theater of integration).
At the same time, Jewish authors in Germany write in many cases from a migrant perspective. Recent publications address the conflicts that arise from their diverse cultural roots.
One example is Ukrainian writer Dmitrij Kapitelman. His book Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters (2016) deals with the lack of a sense of belonging. It results not only from feeling torn between his postsoviet heritage and the influence that comes from growing up in Germany but from hatred against minority cultures in German society after the reunification. In doing so, he reveals sociopolitical grievances in the treatment of migrants and Jews. He thus writes against xenophobia and nationalistic tendencies.
978-90-04-70091-8
Link to article (paywalled), Von Jewporn, Baseballschlägern und Identitätskatern: Jüdisches Selbstverständnis bei Max Czollek und Dmitrij Kapitelman
Von Jewporn, Baseballschlägern und Identitätskatern: Jüdisches Selbstverständnis bei Max Czollek und Dmitrij Kapitelman. . 2024: https://archive.jpr.org.uk/10.1163/9789004701335_006