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Antisemitismus im Kontext der Covid-19-Pandemie

Translated Title

Antisemitism in the context of the Covid-19 pandemic

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Spätestens mit der Verkündigung eines Einreisestopps für Drittstaatler_innen und einer weltweiten Reisewarnung durch das Auswärtige Amt am 17.März sowie mit dem Inkrafttreten von Kontaktbeschränkungen am 22.März 2020 ist die Covid19-Pandemie auch in den Alltag und das Bewusstsein der Menschen in Deutschland gerückt. Dies hatte in dreierlei Hinsicht Auswirkungen auf das Problemfeld Antisemitismus:

Erstens beobachtete der Bundesverband RIAS von Beginn der Pandemie an das Aufkommen antisemitischer Mythen unterschiedlicher Art zur Entstehung und Verbreitung des Covid-19-Virus, aber auch zu den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Zweitens wirkten sich jene Maßnahmen auch auf zahlreiche Formen antisemitischer Vorfälle aus: Als beispielsweise Fußballstadien, Kneipen und Clubs geschlossen, der ÖPNV wesentlich weniger frequentiert wurde, kam es an diesen spezifischen Tatorten auch zu deutlich weniger antisemitischen Vorfällen. Antisemitische Vorfälle, die sich im Internet ereigneten, waren von diesen Beschränkungen gleichzeitig nicht betroffen. Drittens erschwerten die Kontaktbeschränkungen jedoch auch die Arbeit gegen Antisemitismus beispielsweise durch zivilgesellschaftliche Institutionen deutlich. Unter ihnen litt unter anderem die Pflege des Meldenetzwerks
und der vertrauensvolle Kontakt zu Betroffenen-Communities. Es steht somit zu befürchten, dass der Bundesverband RIAS und die regionalen Meldestellen von weniger antisemitischen Vorfällen erfahren haben, als dies sonst der Fall wäre.

An diesen drei Aspekten zeigt sich bereits, dass die Covid-19-Pandemie auf vielschichtige und zum Teil gegenläufige Art Antisemitismus, Gelegenheitsstrukturen für die Äußerungen antisemitischer Inhalte und die Arbeit gegen Antisemitismus beeinflusst hat. Wenngleich sich die unterschiedlichen antisemitischen Artikulations- und
Erscheinungsformen im dokumentierten Zeitraum durchaus überlagerten, lassen sich idealtypisch dennoch in Deutschland unterschiedliche Phasen innerhalb der ersten drei Monaten der Pandemie erkennen, in denen einzelne jeweils stärker hervortraten– beginnend mit den ersten massiven staatlichen Maßnahmen am 17.März: Zunächst spielten sich antisemitische Äußerungen insbesondere im Online-Bereich ab, häufig verbunden mit nicht explizit antisemitischen Verschwörungsmythen, die schnell eine enorme Verbreitung erfuhren. Als sich in einer zweiten Phase auch jüdisches Leben in Deutschland mehr und mehr in den digitalen Raum verlagerte, war dies mit massiven
Formen verletzenden Verhaltens verbunden, die sich direkt gegen Jüdinnen_Juden richteten. In einer dritten Phase manifestierten sich antisemitische Deutungen nicht mehr nur online, also zum Beispiel in Chatgruppen und in Sozialen Medien, sondern auch auf einer Vielzahl von Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet. So groß der Zuspruch zu diesen Demonstrationen und so hoch die Zahl der Teilnehmer_innen zunächst teilweise auch war, so stark ließ diese Protestdynamik nach vehementer und einhelliger Kritik in der Öffentlichkeit auch wieder nach – verbunden mit einer
weiteren Explizierung antisemitischer Inhalte. Parallel zu diesen Phasen erfassten der Bundesverband RIAS und mehrere regionale Meldestellen eine Vielzahl antisemitischer Vorfälle mit unmittelbarem oder mittelbarem Bezug zur Covid-19-Pandemie.

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Bibliographic Information

Antisemitismus im Kontext der Covid-19-Pandemie. Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS). 2020:  https://archive.jpr.org.uk/object-1326