Abstract: Der wissenschaftliche Kommentar diskutiert die Verbreitung antisemitischer Einstellungen in der Mitte der deutschen wie auch österreichischen Gesellschaft und leitet aufgrund differenter Studienergebnisse Anforderungen an schulische Antisemitismus-Prävention ab. Die erste zentrale Fragestellung untersucht, ob antisemitische Einstellungen als Randphänomen zu betrachten oder in der Meinung der gesellschaftlichen Mitte zu verorten sind. Anhand von Statistiken und Studien zu antisemitischen Straftaten und Einstellungen wird aufgezeigt, dass der Antisemitismus in Deutschland und Österreich kein Randphänomen darstellt, sondern in Teilen der gesellschaftlichen Mitte verankert ist. Darauf aufbauend ist Untersuchungsgegenstand der zweiten zentralen Fragestellung, ab welcher Klassenstufe schulische Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus berechtigt sind. Das Potenzial der schulischen Präventionsarbeit als Interventionsmöglichkeit wird dabei analysiert, die Bedeutung der Medienkompetenzförderung im Präventionsansatz erläutert und es werden frühzeitige Präventionsansätze, beginnend ab der ersten Klasse, empfohlen, um antisemitischen Überzeugungen frühestmöglich entgegenzuwirken. Im Fazit werden konkrete Forderungen sowie Handlungsempfehlungen an Schulen, die Gesellschaft und die Politik formuliert, um Antisemitismus durch Präventionsmaßnahmen nachhaltig zu bekämpfen.
Abstract: In den Antworten zu den Faith Development Interviews (FDI), die seit 2003 von der Forschungsstelle zur Biographischen Religionsforschung der Universität Bielefeld durchgeführt werden, finden sich bei den beiden Fragen, die auffordern, das Böse in der Welt zu erklären und nach der Lösung für Konflikte zu suchen, die auf religiöser oder weltanschaulicher Uneinigkeit beruhen, häufig Rekurse auf den Nahostkonflikt. Beiden Fragen ist gemeinsam, dass sie darauf abzielen, anomische Phänomene, in denen die Ordnung des eigenen Lebens nicht mehr sinnvoll erfahren werden kann, zu erklären. Die Forschungsnotiz analysiert, welche Funktion der Bezug auf den Nahostkonflikt für die Welterklärung der Befragten hat und was mit diesen Bezügen plausibel gemacht werden kann: Erstens ermöglicht der Nahostkonflikt als Beispiel für einen unlösbaren Konflikt eine Vielzahl von Projektionen und schützt damit die Widerlegung des eigenen weltanschaulichen Problemlösungsideals. Zweitens unterstreicht die Identifikation der Konfliktpartei Israel mit dem Bösen die Funktion des israelbezogenen Antisemitismus als Welterklärung.