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Author(s): Schaum, Ina
Date: 2018
Abstract: Im Zentrum des Dissertationsprojektes steht die empirisch verankerte Erarbeitung einer intersektionellen, feministischen Theorie von Liebe und Liebesbeziehungen als Orte des Doing Gender in Verschränkung mit Doing Being Jewish (Jüdischsein) bzw. mit Doing Being German (Deutschsein). Was Jüdischsein und Deutschsein bedeutet und wie es konzeptualisiert werden kann, soll durch die Erhebung narrativer Interview empirisch rekonstruiert werden.

Die Dissertation hat zwei Ausgangspunkte. Der erste ist, sich Liebe als eigenständigem Forschungsgegenstand feministischer Analyse zuzuwenden. In Liebesbeziehungen – als verkörperlichte Erfahrungen von Liebe und Begehren, Macht und Dominanz – werden Geschlechterverhältnisse und andere Ungleichverhältnisse und damit zusammenhängend vergeschlechtlichte Arbeitsteilungen von care work und emotional work (re)produziert, verändert, aufgehoben oder legitimiert. Der zweite Ausgangspunkt ist die Feststellung von Kurt Grünberg in seiner Studie „Liebe nach Auschwitz“ (2000), dass Liebesbeziehungen den wohl intimsten Kontakt zwischen Nachkommen von Überlebenden der Shoah und Nachkommen von Täter*innen, Mitläufer*innen und Nazi-Sympathisant*innen im Land der Täter*innen und Opfer bilden. Vor dem Hintergrund der Shoah und der Nürnberger Gesetze von 1935, welche das sogenannte „Blutschutzgesetz“ und das Verbot von Eheschließungen und Geschlechtsverkehr zwischen Juden/Jüdinnen* und Nicht-Juden/Jüdinnen* umfassten, ist zu fragen, welche Gefühlserbschaften und Erinnerungen (active memory) an die Folgegenerationen weitergegeben werden und wie intime Beziehungen und Liebesbeziehungen davon (nicht) beeinflusst werden. Die beiden Ausgangspunkte sollen miteinander verknüpft werden, um eine kritische, intersektionelle feministische Analyseperspektive in Bezug auf Liebesbeziehungen als auch auf die komplexen Differenz- und Identitätskonstruktionen von Jüdischsein und Deutschsein einzunehmen.

Außerdem sollen forschungsethische Überlegungen in Hinblick auf Theoriebildungsprozesse, Methodenentwicklung und Ergebnisdarstellung im Kontext der „negativen deutsch-jüdischen Symbiose“ (Diner 1986) einerseits und einer feministischen Epistemologie des „situierten Wissens“ (Haraway 1988) andererseits entwickelt werden, da die individuelle, familiäre und soziale Verstrickung mit dem Nationalsozialismus keine Position der Unbeteiligtheit zulässt und eine reflektierte und selbstkritische Positionierung von mir als Forscherin verlangt.