Abstract: Das Buch ist Ausdruck jener Vielfalt und Komplexität, die nicht nur die jüdische Lebenswelt, sondern das Leben in der Schweiz und in der Welt heute ganz allgemein prägen. Allein die Frage, was unter «jüdisch» zu verstehen wäre, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Ist dieses Wort religiös oder säkular zu verstehen, oder ist es national oder kulturell zu definieren, oder birgt es einen ethischen und zivilisatorischen Wert, oder streiten sich darin historische und aktuelle politische Deutungen?
Im Mittelpunkt dieses Buches stehen Beiträge von Autorinnen und Autoren aus den veschiedensten Erfahrungs- und Wissensbereichen, die divergierende Sichtweisen, Lebensbezüge und Wahrnehmungen zum Judentum, zur Schweiz, zu Schweizer Juden, zu Israel, Europa und weiteren Orten der Diaspora haben. Institutionengeschichtliche Aspekte - des SIG, des Verbandes Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen, des Bundes Schweizerischer Jüdischer Frauenvereine sowie der jüdischen Presse - sowie rechtliche, demographische und politische Themen, welche gerade für die einzelnen Gemeinden des SIG von Interesse für die Zukunft sein können, finden ebenso ihre Berücksichtigung wie das Schaffen von Jüdinnen und Juden in der Schweiz in den Bereichen Literatur, Theater, Musik und bildende Kunst. über tiefere Deutungsgehalte des Judentums und seiner Beziehung zur Welt geben Erörterungen philosophischer, psychologischer, staatspolitischer und religionsgeschichtlicher Art Auskunft. Eng damit verknüpft ist die Frage der Identität(en), der sowohl anhand individueller Lebensentwürfe als auch allgemeiner Orientierungshorizonte, wie sie in einem pluralistischen Judentum heute existieren, nachgegangen wird. Schliesslich wird die in den 1990er Jahren im Vordergrund gestandene Auseinandersetzung mit der Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg und deren Implikationen noch einmal aus der gebührenden Distanz reflektiert.
Am Schluss der Festschrift steht ein detaillierter Überblick über die jüdischen Gemeinden und Einrichtungen in der Schweiz. Illustriert wird sie durch Kunstwerke von in der Schweiz lebenden jüdischen Künstlerinnen und Künstlern.
Inhalt
Vergangenheiten/Historique des institutions juives
Michael Funk, Uriel Gast, Zsolt Keller: Eine kleine Geschichte des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (1904-2004)
Daniel Gerson, Claudia Hoerschelmann: Der Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen/Flüchtlingshilfen (VSJF)
Elisabeth Weingarten-Guggenheim: Die Jüdische Frauenbewegung in der Schweiz von 1904-2004
Simon Erlanger: Eine kurze Geschichte der jüdischen Presse in der Schweiz
Zeitfragen/Questions d'actualité
Pascal Krauthammer: Die rechtliche und gesellschaftliche Stellung der Juden in der Schweiz
Ralph Weill: Strukturelle Veränderungen bei den Juden in der Schweiz
David Banon: La culture séfarade en Suisse
Ralph Weingarten: Entwicklung und Perspektiven der jüdischen Gemeinden in der deutschen Schweiz
Laurence Leitenberg: Evolution et perspectives des communautés en Suisse romande
Elio Bollag: Jüdische Gemeinden im Tessin
Kulturen/Cultures
Charles Linsmayer: Juden und Judentum im Schweizer Literatur- und Theaterschaffen
Walter Labhart: Juden und Judentum im Musikschaffen der Schweiz
Katarina Holländer: Juden und Judentum in der bildenden Kunst in der Schweiz
Reflexionen/Réflexions
Michel Bollag: Das Judentum: Eine Kultur des Interpretierens
Willi Goetschel: Zwischen Emanzipation, Vernichtung und Neuanfang: Jüdische Philosophen in der Schweiz
Jean Halpérin: Être Juif auhourd'hui
Arthur Cohn: «Anwalt einer gerechten Sache.» Erinnerungen an Marcus Cohn
Ekkehard W. Stegemann: «Dabru Emet - Redet Wahrheit. Eine Reflexion auf einige konstitutive Bedingungen des christlich-jüdischen Gesprächs
Joseph Starobinski: Le judaïsme et les nations
Michael Kohn: Nachhaltige Entwicklung - und die Juden?
Identitäten/Identités
Ruth Dreifuss: Schweizer Juden zwischen religiösen und politischen Bestimmungen
Ernst Ludwig Ehrlich: Pluralismus im Judentum
Diana Pinto: The Wager: Europe, the Jews, and Israel
Dan Diner: Vom Flüchtlingsschicksal zur Nation: Die Entstehung Israels aus der Diaspora 1947/48
Madeleine Dreyfus: Jüdische Identitäten in der Schweiz
Urs Altermatt: Religion, Staat und Gesellschaft in der Schweiz
Brennpunkte/Points de mire
Jacques Picard: Über den Gebrauch der Geschichte: Die UEK im Kontext schweizerischer Vergangenheitspolitik
Hans Michael Riemer: Das Problem der nachrichtenlosen Vermögen und seine Bewältigung durch das «Schiedsgericht für nachrichtenlose Konten in der Schweiz» (1997-2001)
Rolf Bloch: Anerkennung für erlittenes Schicksal. Entstehung, Arbeitsweise und Rolle des Schweizer Fonds für bedürftige Opfer von Holocaust/Shoa auf dem Hintergrund der Kontroverse in den 1990er Jahren
Georg Kreis: Judenfeindschaft in der Schweiz
Barbara Haering: Insegnamenti della storia per la politica d'oggi
Anhang
Pia Graf, Jacques Picard: Jüdische Gemeinden, Institutionen und Organisationen/Les communautés, institutions et organisations juives
Kurzbiografien der Autorinnen und Autoren, Künstlerinnen und Künstler/Biographies sommaires des auteures et auteurs et artistes
Abstract: Depuis une vingtaine d années, le CRIF, Conseil représentatif des institutions juives de France, se trouve régulièrement au c ur d une actualité passionnelle et polémique. Qu il s agisse du conflit israélo-arabe, de l antisémitisme, de la politique étrangère française au Moyen-Orient, du communautarisme ou de l histoire et la mémoire de la Shoah, rares sont les débats dont il est absent. Devenu partie intégrante du paysage politique et médiatique français, notamment à travers son célèbre dîner annuel, le CRIF reste pourtant très mal connu. Quelle est son histoire et comment s'inscrit-elle dans les évolutions du judaïsme français ? Qui sont ses dirigeants ? Quels sont ses réels moyens d influence sur les pouvoirs publics ? Quelles sont ses stratégies et ses orientations politiques, sur la scène politique française mais aussi en lien avec Israël ?
En retraçant, à travers ses moments clés, l histoire de cette organisation depuis sa fondation en 1943, ce livre répond à ces questions. Nourrie d archives inédites et de nombreux entretiens, cette histoire du CRIF dessine en creux un portrait fouillé et paradoxal de la France de ces soixante dernières années.
À l heure où le pays s interroge sur la représentation de ses minorités, il n est pas superflu de situer et de comprendre l un de ses exemples les plus emblématiques, entre épouvantail communautariste et « top model » républicain.