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Die Verbreitung antisemitischer Einstellungen in Deutschland: Befunde aktueller repräsentativer Befragungen zu Trends seit 2021 und den Einflüssen von Migrationshintergrund, Religionszugehörigkeit und Religiosität

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Prevalence of antisemitic attitudes in Germany: findings from recent representative surveys on trends between 2021 and 2023 and the influence of migration background, religious affiliation and religiosity on antisemitism

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Seit den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 und im Gefolge des anschließenden Gaza-Krieges erfährt Antisemitismus in Deutschland wieder erheblich gesteigerte Aufmerksamkeit. Ein besonders sensibles Thema ist dabei Antisemitismus unter in Deutschland lebenden Muslim:innen. Auf Basis der Daten aus drei repräsentativen, bundesweiten Befragungen untersucht der vorliegende Beitrag Trends der Verbreitung antisemitischer Einstellungen seit 2021. Analysen erfolgen sowohl in Bezug auf die erwachsene Bevölkerung insgesamt als auch kontrastierend für verschiedene gesellschaftliche Subgruppen. Im Ergebnis finden sich für die erwachsene Gesamtbevölkerung keine signifikanten Anstiege von Formen tradierter antisemitischer Einstellungen zwischen 2021 und 2023. Es sind jedoch deutliche Binnendifferenzen zu erkennen. Insbesondere sind bei Muslim:innen nicht nur erheblich erhöhte Raten antisemitischer Einstellungen zu registrieren, sondern auch statistisch signifikante Zuwächse zwischen 2021 und 2023, die sich bei anderen Gruppen so nicht finden. Auch nach multivariaten Kontrollen soziodemografischer Merkmale und weiterer aus der Forschung bekannter sozialer Einflussgrößen sind bei ihnen weiterhin signifikant erhöhte Ausprägungen antisemitischer Einstellungen nachweisbar. Ferner erweisen sich Neigungen zur Akzeptanz von Verschwörungsnarrativen für alle Gruppen als ein stabiler, signifikanter Prädiktor. Bei Christ:innen wie Muslim:innen finden sich daneben keine Zusammenhänge der persönlichen Gläubigkeit oder der Zentralität der Religion mit Antisemitismus. Es zeigen sich aber Zusammenhänge der Ausprägung eines fundamentalistischen Religionsverständnisses mit erhöhten antisemitischen Ressentiments bei beiden Gruppen. Nur bei Muslim:innen ist darüber hinaus die Intensität der kollektiven Religionspraxis, gemessen über die Häufigkeit des Besuchs von Moscheen, nach multivariaten Kontrollen der Intensität der individuellen Gläubigkeit sowie sozialer Kontrollvariablen, mit einer Erhöhung antisemitischer Vorurteile verbunden. Politische Implikationen dieser Ergebnisse für die Prävention von Antisemitismus in der modernen deutschen Migrationsgesellschaft werden daran anknüpfend diskutiert.

Translated Abstract

Since October 7, 2023, and the subsequent Gaza War, anti-Semitism in Germany has once again received considerable attention. Anti-Semitism among Muslims living in Germany is a particularly sensitive issue. Based on data from three representative, nationwide surveys, this article examines trends in the prevalence of antisemitic attitudes since 2021. Analyses are carried out both in relation to the adult population as a whole and separately contrasting different social subgroups. The results show slight, non-significant increases in anti-Semitic attitudes between 2021 and 2023 for the German population. However, clear differences between subgroups should be noted: Muslims not only show significantly higher rates of anti-Semitic attitudes but also marked increases between 2021 and 2023 that are not found in other subgroups. Even after multivariate controlling for socio-demographic characteristics and other social and economic predictors, significantly higher levels of anti-Semitic attitudes remain. Furthermore, tendencies to accept conspiracy narratives prove to be a stable predictor for all groups. For both Christians and Muslims, there are no effects of the intensity of personal faith and the centrality of religion in everyday life on anti-Semitism. However, fundamentalist attitudes increase anti-Semitic resentment in both groups alike. Only among Muslims, collective religious practice, measured by the frequency of attending mosques, is also associated with an increase in anti-Semitic prejudice, even after multivariate controlling for the intensity and rigidity of faith and social predictors. The political implications of these results for the prevention of anti-Semitism in the modern German migration society are discussed.

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Fischer, Jannik M. K., Wetzels, Peter Die Verbreitung antisemitischer Einstellungen in Deutschland: Befunde aktueller repräsentativer Befragungen zu Trends seit 2021 und den Einflüssen von Migrationshintergrund, Religionszugehörigkeit und Religiosität. Zeitschrift für Religion, Gesellschaft und Politik. 2024:  https://archive.jpr.org.uk/10.1007/s41682-024-00167-6