Abstract: Äußerungen gegen den Staat Israel bieten als Umwegkommunikation in Europa zunehmend die Mög-lichkeit, das Tabu des offenen Antisemitismus zu umgehen. Konkrete Kriterien zur Abgrenzung von Kritik wurden daher entwickelt, vor allem in Deutschland und Großbritannien allerdings auch starkdebattiert. Der Beitrag stellt Ergebnisse einer Diskursanalyse vor, die wissenschaftliche Debattenüber Definitionen des israelbezogenen Antisemitismus in den beiden Ländern fokussiert. Untersuchtwurden dabei wissenschaftliche Bewertungen der Delegitimierung der israelischen Staatlichkeit, einhäufig zu beobachtendes Phänomen, das Juden und Jüdinnen das Recht auf Selbstbestimmung ab- spricht. Es zeigt sich, dass die Debatten stark durch die jeweilige nationale Kultur beeinflusst sind. Antizionismus wird nicht durchgehend als antisemitisch bewertet, ja z.T. sogar gerechtfertigt. InGroßbritannien ist eine weitere Verwendung des Antizionismus-Begriffs zu beobachten als in Deutsch-land, die z.T. Kritik an der israelischen Regierung einschließt. Diese Verwirrung wird noch gesteigert,weil nicht immer klar ist, ob über potentiell antisemitische Wirkungen oder aber jüd*innenfeindliche Motivationen gesprochen wird.