Abstract: Komplexe Pflegebedarfe sind typisch für die jüdische Altenpflege in Deutschland. Am Beispiel des Altenzentrums der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt/Main werden typischen Bedarfe und Pflegeprofile vorgestellt. Im Heim wohnen Überlebende des Holocaust, die die Verfolgung entweder in Europa oder in der Emigration überlebt haben. Seit einigen Jahren leben auch alte Menschen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion im Heim, die erst im hohen Alter nach Deutschland gekommen sind. Die Bewohner des Heimes kommen aus 18 unterschiedlichen Herkunftsländern. Die Bewohnerstruktur ist multiethnisch und dementsprechend für Deutschland eher untypisch. Die tagesstrukturierende Betreuung der Dementen wird in zwei Sprachen angeboten, was auch für Deutschland eine neue Erfahrung ist. Die multiethnische und mehrsprachige Ausrichtung des Heimes veranlasste das Bundesministerium für Gesundheit, neue Betreuungskonzepte, die auf diese Struktur abgestimmt sind, als Modell zu fördern. Zum Erleben von Fremdsein als Basis für die Entfaltung des Milieus einer Institution werden abschließend einige Gedanken vorgestellt. Das Datenmaterial, das hier Verwendung findet, stammt zum großen Teil aus unveröffentlichten Analysen, Protokollen und der Interpretation biographischer Interviews, die im Rahmen der Konzeptionsentwicklung für die transkulturelle Pflege im jüdischen Milieu angefertigt wurden. Es handelt sich dabei um Gruppenanalysen, die in der Arbeit mit Dementen entstanden sind, um Auswertungen von Bewohnerbefragungen und Workshops, sowie um die Interpretation von biographischen Interviews, die im Rahmen eines Projektes an der FH-Erfurt entstanden sind (Bock, M., Weitzel-Polzer, E.). Darüber hinaus wird das unveröffentlichte Schulungsmaterial und Seminarunterlagen von AMCHA, dem National Israeli Center for Psychosocial Support of Survivors of the Holocaust and the Second Generation, in die Auswertungen einbezogen.