Abstract: Rund 75 Jahre nach dem Holocaust verzeichnet die Polizei einen An-stieg antisemitischer Straftaten in Deutschland; als bedrohte Minderheit sorgen sich jüdi-sche Menschen um das gesellschaftliche Meinungsklima, das auch die etablierten Massen-medien prägen. Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag mit Hilfe des normativen Konzepts der „interkulturellen medialen Integration“ die medienjournalisti-sche Berichterstattung der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine. Die Befunde der qualitati-ven Inhaltsanalyse von 168 Beiträgen zeigen, dass die vom Zentralrat der Juden in Deutschland herausgegebene Publikation in verschiedener Hinsicht heftige Kritik an etab-lierten Medien übt. So hätten einzelne Medien antisemitische Stereotype verbreitet, Perso-nen, die sich antisemitisch äußern, eine Plattform geboten und Antisemitismus als solchen nicht erkannt, relativiert oder negiert. Im Sinne einer differenzierten Medienkritik macht die Jüdische Allgemeine aber auch deutlich, welche Merkmale von Medieninhalten sie für wünschenswert hält, darunter Berichte über alltägliches jüdisches Leben in Deutschland, aber auch authentische Beiträge über Antisemitismus, in denen Betroffene zu Wort kom-men. Die Befunde können zum einen verstehen helfen, warum viele Jüd*innen in Europa Antisemitismus in den Medien als Problem sehen. Zum anderen liefern sie Produzierenden von Medienangeboten Hinweise darauf, welche Resonanz ihre Inhalte innerhalb der jüdi-schen Gemeinschaft finden.