Abstract: Der 1. Juni 2018 bedeutete eine Zäsur für die staatlichen Einrichtungen des Freistaats Bayern. Mit diesem Stichtag mussten Kreuze als Symbol »bayerischer Kultur«, so Ministerpräsident Söder, in den Foyers staatlicher Institutionen angebracht werden: Staatliche Symbolpolitik wurde für den öffentlichen Raum verordnet, für Museen wurde sie immerhin noch empfohlen. Spätestens seit der Flüchtlingskrise von 2015 wird die Angst vor einem »importierten Antisemitismus« durch populistische Parteien in Deutschland wie in Österreich politisch verwertet. Gemeinsam mit dem Feindbild des »politischen Islam«, das sich mittlerweile auf alle Muslim_innen erstreckt, trug dies zu einem markanten Anstieg offenen Antisemitismus innerhalb der deutschen Gesellschaft bei. Populisten, die die Bevölkerung immer mehr in ein »wir« und »die anderen« spalten, die den Hass gegen Minderheiten politisch verwerten und Antisemitismus entweder klein reden oder ausschließlich jenen zuschreiben, die sie bekämpfen, haben Einzug in den politischen Mainstream gefunden. Jüdische Museen müssen heute auf diese Entwicklung antworten: Als Museum zur Geschichte einer Minderheit und als Ort, der sich zwangsläufig mit den Folgen von Antisemitismus und politisch motivierter Ausgrenzung auseinandersetzt, haben sie eine gesellschaftspolitische Verantwortung. Dies bedeutet, dass sich jüdische Museen öffnen müssen, und zwar in mehrerer Hinsicht: 1. thematisch, wenn es darum geht, historischen und aktuellen Antisemitismus und dessen Folgen für die jüdische Bevölkerung zu thematisieren, 2. politisch, um gegen Populismus, rassistische Hetze und Instrumentalisierung von Religionen aufzutreten, und 3. räumlich, wenn es darum geht, nicht nur ein kulturell interessiertes Publikum, sondern die Stadtbevölkerung anzusprechen.