Abstract: Basierend auf Daten des Jahres 2018 der Fundamental Rights Agency der Europäischen Union ermittelt der vorliegende Beitrag Ausmaß und Faktoren antisemitischer Vorurteilskriminalität in Deutschland. Zum einen werden die Erfahrungen von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden mit persönlichen Belästigungen und Beleidigungen, Vandalismus und körperlicher Gewalt innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren vor dem Erhebungszeitpunkt beleuchtet. Zum anderen beschäftigen wir uns mit der geäußerten Furcht, zukünftig Opfer antisemitischer Übergriffe zu werden. Erfahrungen mit Gewalt und Vandalismus berichten 7 % der 1225 Befragten, und 44 % wurden in den letzten fünf Jahren belästigt, weil sie jüdisch sind. Vor allem Personen, die aufgrund des Tragens von Symbolen als Juden erkennbar sind, waren betroffen und vermeiden gelegentlich oder öfter Plätze in der lokalen Umgebung, weil sie sich dort unsicher fühlen. Wenn die Befragten hingegen in einer mehrheitlich jüdischen Nachbarschaft lebten, sank die Wahrscheinlichkeit Opfer von Belästigungen und Gewalttaten zu werden. Belästigt und beleidigt wurden zudem besonders religiöse Menschen und Personen, die die Unterstützung von Israel als sehr wichtig für ihre jüdische Identität erachten. Diese Personen fühlen sich, ebenso wie jene, die dem Erinnern an den Holocaust eine hohe Bedeutung beimessen, zudem stärker bedroht – eine Bestätigung der Vermutung, dass sekundärer und israelbezogener Antisemitismus ein großes Bedrohungspotential in der aktuellen gesellschaftlichen Situation darstellen. Als Reaktion auf die empfundene Bedrohung verzichten die Befragten zwar laut der vorliegenden Befragung nicht auf das Tragen von jüdischen Symbolen, aber stärkere Bedrohungswahrnehmungen korrelieren mit dem Vermeiden von als gefährlich eingeschätzten Plätzen sowie von jüdischen Veranstaltungen.