Abstract: Der Beitrag untersucht, inwiefern sich der „Nahostkonflikt“ auf das Sicherheitsgefühl von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden auswirkt. Ausgehend vom Theorieansatz der „politisch-kulturellen Gelegenheitsstrukturen“ untersuchen wir, ob das „Nahostkonflikt“ bezogene Sicherheitsgefühl davon abhängt, wie offen oder geschlossen diese Strukturen von den (potenziell) Betroffenen wahrgenommen werden. Unsere Befunde zeigen, dass je günstiger die Gelegenheiten für antisemitische Mobilisierung erscheinen, desto negativer wirkt sich der „Nahostkonflikt“ auf die hiesige jüdische Gemeinschaft aus, weil in der Wahrnehmung der Betroffenen antisemitische Übergriffe nicht angemessen thematisiert und juristisch verfolgt werden. Mittels Daten einer Online-Befragung von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden (n = 295) weisen wir nach, dass vor allem die Befürchtung, die Bevölkerungsmeinung gegenüber Jüdinnen und Juden in Deutschland hinge mit dem sogenannten „Nahostkonflikt“ eng zusammen, zu einem stärkeren „Nahostkonflikt“ bezogenen Bedrohungsgefühl beiträgt. Misstrauen in die Fähigkeit von Gerichten und Medien, auf Antisemitismus angemessen zu reagieren, sind weitere statistisch signifikante Korrelate.
Abstract: As a consequence of the Holocaust, Israel’s security is officially regarded as part of Germany’s
“reason of state”. Yet the criteria for a responsible relationship between Germany and Israel are by
no means self-evident or without logical or practical contradictions. One of the complications is
the Israeli-Palestinian conflict. In order to better understand this complication, I examine two
familiar national narratives, one from each side, about possible connections between the Nazi era,
the Holocaust, and this conflict. I also put the Israeli-Palestinian conflict in a broader historical
context. It turns out that the examined relationships are not as obvious as the familiar narratives
describe them. The origins of the Israeli-Palestinian conflict are older than the Nazi era and the
Holocaust, and they also point to broader European responsibilities more generally, to Europe’s
nationalism, anti-Semitism, colonialism and imperialism – with irresponsibilities towards both
Jews and Arabs. In no way does such a comprehensive perspective affect Germany’s special historical responsibilities resulting from the Holocaust. But it puts the Israeli-Palestinian conflict in a
more complete and also more honest framework, with consequences for Germany’s moral and
political position
Abstract: On August 2, 1990, Iraq invaded Kuwait, unleashing the fi rst Gulf crisis. When, by January, the United Nations’ economic sanctions had failed to force Iraqi withdrawal, the United States and a thirty-four nation coalition invaded. Although Israel did not participate, this brief war, over by February 28, could not help but intersect with the ongoing Arab-Israeli confl ict. Not only did the Iraqi president, Saddam Hussein, choose to drop missiles on Tel Aviv, touching off a secondary crisis over potential Israeli involvement, but calls to resolve the Palestinian question as part of a regional settlement circulated widely. For Muslims and Jews watching developments from afar, the First Gulf War thus became more than a conflict over Kuwaiti independence, oil rights or western imperialism. Rather it became a barometer of Muslim-Jewish relations around the world.
Abstract: Depuis 1967, le conflit israélo-palestinien a souvent été un facteur de tension au sein de la société française. Racisme, antisémitisme, affrontements communautaires se nourrissent de l’interminable crise du Proche-Orient. Pour quelles raisons particulières la France est-elle plus sensible qu’aucun autre pays occidental aux échos d’un conflit lointain et localisé ? Dans ce livre informé, Denis Sieffert s’efforce de remettre en perspective les relations tumultueuses entre la France et Israël. Plus qu’une simple affaire de politique étrangère, le Proche-Orient agit comme un miroir pour la société française et les communautés qui l’habitent. C’est pourquoi toute prise de position prend un caractère passionnel. Depuis le parrainage d’Israël par la IVe République jusqu’au caillassage du Premier ministre Lionel Jospin à l’université de Bir Zeit, en passant par la fameuse déclaration du général de Gaulle en 1967 à propos du peuple juif « sûr de lui-même et dominateur », et le « sauvetage » de Yasser Arafat par François Mitterrand en 1982, les débats et polémiques ont souvent divisé l’opinion française et ses responsables politiques. Denis Sieffert explore ici le rôle du passé colonial français toujours douloureux, la relation difficile entre le sionisme et la République et, plus largement, le problème que soulèvent les doubles allégeances. Il rappelle les liens que les grandes familles politiques conservent, plus d’un demi-siècle après la naissance d’Israël, avec les protagonistes du conflit. Il montre en particulier que les socialistes, comme leurs ancêtres de la SFIO, restent souvent très liés à Israël, alors que les communistes, l’extrême gauche, les Verts et les altermondialistes sont, eux, engagés dans le soutien des Palestiniens.
Abstract: Insbesondere für die deutsche Linke hat der Nahost- und Antisemitismusstreit eine immense Bedeutung und Sprengkraft. Er ist Dauerthema in linken Zeitschriften und Veranstaltungen sowie beliebter Gegenstand der Agitation konservativer Medien gegen die Linke. Gelegentliche Eskalationen zu verschiedenen Anlässen sorgen dafür, dass die Problematik ganz oben auf der politischen Agenda bleibt. Dabei verläuft die Auseinandersetzung auch innerhalb der Linken selten solidarisch. Starke Identifikationen sowie extreme und zudem häufig antagonistische Positionierungen und Blickwinkel kennzeichnen die Debatte. Regelmäßig kommt es auch zu sehr persönlichen und verletzenden Vorwürfen und Angriffen; sogar vor physischer Gewalt wird nicht haltgemacht. Und im Gewand dieser Debatte wird immer wieder auch verhandelt, was eigentlich (noch) links ist.
Ziel dieser kommentierten Bibliografie zur Thematik Linke, Nahostkonflikt und Antisemitismus ist es, zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen. Sie will den einseitigen Positionen, schablonenhaften Schuldzuschreibungen und ritualisierten Phrasen komplexere Perspektiven entgegensetzen, Zugang zu Hintergrundwissen und «Fakten» sowie zu den Bedingungen ermöglichen, die diese erst zu solchen machen, und somit Anregungen zur (selbst-)kritischen Reflexion geben. Die Broschüre soll zudem einen leichten Einstieg in die inzwischen doch recht umfassende Literatur zum Thema bieten. Denn insbesondere in der Zeit nach 1990 ist eine Vielzahl von relevanten Studien und ernsthaften Debattenbeiträgen erschienen, die eine gute Grundlage bieten für die fundierte und kritische Auseinandersetzung mit spezifischen Traditionen, ideologischen Erbschaften, Prägungen und grundlegenden Ambivalenzen linker Politik in Hinblick auf den Nahostkonflikt. Im Folgenden werden die wichtigsten dieser Beiträge in Form von kurzen Inhaltsangaben und Kommentierungen vorgestellt. Als Sammlung von Basistexten ist diese Broschüre vor allem für die Nutzung in der politischen Bildungsarbeit gedacht. Doch auch Studierende, Wissenschaftler/innen und alle anderen Interessierten werden sich mit ihrer Hilfe schnell einen Überblick zum aktuellen Stand der Forschung verschaffen können.
In die Darstellung wurden vor allem Bücher aufgenommen, die Grundlegendes zum Verständnis linker Kontroversen zum Thema in einer bestimmten Epoche leisten (zum Beispiel zur Zionismus- Debatte in der Arbeiter/innenbewegung des 19. Jahrhunderts) oder die wesentliche Begriffe beziehungsweise theoretische Perspektiven in die Diskussion eingeführt haben (beispielsweise «antiimperialistischer Antizionismus»). Neben recht bekannten, weitverbreiteten und häufig zitierten Publikationen sind auch solche berücksichtigt, die hierzulande bisher weniger rezipiert wurden – sei es, weil sie nicht in deutscher Sprache veröffentlicht wurden oder weil die Texte aus anderen Gründen nicht leicht zugänglich sind. Soweit Zitate vom Englischen ins Deutsche übertragen wurden, stammen die Übersetzungen vom Autor. Nicht alle besprochenen Bücher werden im gleichen Umfang behandelt. Dahinter steht durchaus die Absicht, eine Gewichtung vorzunehmen und unnötige Wiederholungen zu vermeiden. Stattdessen wird die jeweilige Bedeutung der Texte für die Gesamtdebatte herausgestellt. Wo immer es möglich ist, werden die Leser/ innen bei Monografien auch auf kürzere Texte der entsprechenden Autor/ innen (die für Seminare und Lesekreise geeignet sind) oder Online-Ressourcen hingewiesen. Die in fünf Abschnitte unterteilte Darstellung beschränkt sich im Wesentlichen auf wissenschaftliche Beiträge
Abstract: Berlin is home to Europe’s largest Palestinian diaspora community and one of the world’s largest Israeli diaspora communities. Germany’s guilt about the Nazi Holocaust has led to a public disavowal of anti-Semitism and strong support for the Israeli state. Meanwhile, Palestinians in Berlin report experiencing increasing levels of racism and Islamophobia. In The Moral Triangle Sa’ed Atshan and Katharina Galor draw on ethnographic fieldwork and interviews with Israelis, Palestinians, and Germans in Berlin to explore these asymmetric relationships in the context of official German policies, public discourse, and the private sphere. They show how these relationships stem from narratives surrounding moral responsibility, the Holocaust, the Israel/Palestine conflict, and Germany’s recent welcoming of Middle Eastern refugees. They also point to spaces for activism and solidarity among Germans, Israelis, and Palestinians in Berlin that can help foster restorative justice and account for multiple forms of trauma. Highlighting their interlocutors’ experiences, memories, and hopes, Atshan and Galor demonstrate the myriad ways in which migration, trauma, and contemporary state politics are inextricably linked.
Abstract: Headlines from France suggest that Muslims have renewed an age-old struggle against Jews and that the two groups are once more inevitably at odds. But the past tells a different story. The Burdens of Brotherhood is a sweeping history of Jews and Muslims in France from World War I to the present. Here Ethan Katz introduces a richer and more complex world that offers fresh perspective for understanding the opportunities and challenges in France today.
Focusing on the experiences of ordinary people, Katz shows how Jewish–Muslim relations were shaped by everyday encounters and by perceptions of deeply rooted collective similarities or differences. We meet Jews and Muslims advocating common and divergent political visions, enjoying common culinary and musical traditions, and interacting on more intimate terms as neighbors, friends, enemies, and even lovers and family members. Drawing upon dozens of archives, newspapers, and interviews, Katz tackles controversial subjects like Muslim collaboration and resistance during World War II and the Holocaust, Jewish participation in French colonialism, the international impact of the Israeli–Arab conflict, and contemporary Muslim antisemitism in France.
We see how Jews and Muslims, as ethno-religious minorities, understood and related to one another through their respective relationships to the French state and society. Through their eyes, we see colonial France as a multiethnic, multireligious society more open to public displays of difference than its postcolonial successor. This book thus dramatically reconceives the meaning and history not only of Jewish–Muslim relations but ultimately of modern France itself.