Search results

Your search found 1 item
Home  / Search Results
Author(s): Dörre, Andrei
Date: 2004
Abstract: „Berlin. Ostbahnhof Europas“ lautet ein vor wenigen Jahren erschienenes Buch Karl SCHLÖGELs. Es greift damit bereits in seinem Titel ein bemerkenswertes Phänomen auf, das nicht erst nach der Osterweiterung der Europäischen Union am 01. Mai 2004 zu beobachten ist. Im städtischen Straßenbild, in den Verkehrsmitteln des ÖPNV, in Einrichtungen des Einzelhandels und des Dienstleistungssektors sowie im kulturellen Leben die Präsenz einer Vielzahl osteuropäische Sprachen sprechender Menschen unüberhörbar. Bei den Russischsprechenden sind es SpätaussiedlerInnen und jüdische ZuwandererInnen, Au-Pairs, Studierende und Geschäftsleute, zugereiste Ehepartner und KünstlerInnen. Aber auch Flüchtlinge und AsylbewerberInnen aus Krisengebieten stellen einen Teil der russischsprachigen Bevölkerung Berlins dar. Mit diesem Phänomen unmittelbar verwoben scheint besonders das Wachstum der jüdischen Bevölkerung Berlins, die sich vor allem seit der Zuwanderung aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion beständig vergrößert. Internationale Migration als ein zentrales Forschungsfeld der Bevölkerungsgeographie findet im Falle der jüdischen Zuwanderung verstärkt seit 1990 tagtäglich statt. Auswirkungen der Migrationen hinterlassen sowohl auf der Seite der MigrantInnen als auch auf der Seite der bundesdeutschen Gesellschaft Spuren. Denn im Reisegepäck der Zugewanderten befinden sich nicht nur materielle Gegenstände. Ihr ebenfalls mitgebrachtes Wissen, kulturelle Prägungen, Normvorstellungen, raumübergreifenden Beziehungen und Werte bilden die Voraussetzungen für eigenes kreatives Handeln und werden in die hiesige Gesellschaft eingebracht und gelebt. Entgegengesetzt wirken sich die neuen sozialen Lebensumstände und Anforderungen auf das Leben der Zugewanderten aus. Diese Arbeit widmet sich der Analyse individuell konstruierter Lebenswelten jüdischer ZuwandererInnen. Als Dreh- und Angelpunkt der Erforschung transnationaler sozialer Lebenswelten fungierte das Konzept des Transnationalismus, das an gegebener Stelle vorgestellt wird. Daran anknüpfend steht die zentrale, offen gehaltene Fragestellung: Welche Dimensionen haben diese transnationalen sozialen Lebenswelten, wie werden sie konstruiert und welche Faktoren beeinflussen ihre Herausbildung? Als Projektionsfläche und Hintergrundinformation zur zentralen Fragestellung wird zunächst die quantitative Entwicklung der jüdischen Auswanderung aus der UdSSR und ihren Nachfolgestaaten seit dem Ende der 1980er Jahre skizziert. Die seit 1990 anhaltende russisch-jüdische Migration in die BRD wird nachgezeichnet. Dabei werden einführend die rechtlichen Zuwanderungstore dargestellt sowie statistisches Datenmaterial einbezogen. Um spezifische Informationen zur Lage in Berlin zu erhalten, wurden ExpertInneneninterviews mit VertreterInnen unterschiedlicher Institutionen durchgeführt. Da primär die individuelle Ebene der Konstruktion transnationaler sozialer Felder interessierte, lag im weiteren Untersuchungsverlauf der ausdrückliche Schwerpunkt auf der Wahl qualitativer Forschungsmethoden. Die Durchführung von problemzentrierten Leitfadeninterviews erwies sich dabei als besonders geeignete Strategie. Die transkribierten Interviews wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen, ausgewertet und individuelle Fallbeispiele durch die Methode der dichten Beschreibung nach Clifford GEERTZ dargestellt. Dabei wurden unterschiedliche Dimensionen transnationaler Handlungsformen im privaten und professionellen Bereich, ihre soziale Einbettung sowie Einflüsse soziopolitischer Rahmenbedingungen offenkundig.